Medienmitteilung

Das Unterdorf Witikon verliert mit dem Witiker-Huus den Kernbau seiner Geschichte

Das Schulhaus Langmatt, die alte Kirche Witikon, der nahe Wald und das Wiktiker-Huus sind die grossen Highlights für die Witiker Quartierbevölkerung und den Quartierverein. Nun ist das heutige Gemeinschaftszentrum Witiker-Huus an der Witikonerstrasse 405 zum Abbruch freigegeben. Das Verwaltungsgericht hat den Rekurs des Zürcher Heimatschutzes abgewiesen. Bei der Witiker Bevölkerung wird dieser Verlust eine tiefe Wunde ins Quartierleben reissen. Der Zürcher Heimatschutz wird fortan konsequent darauf bestehen, dass vor grösseren Umbauten historischer Gebäude der Schutzstatus geregelt wird.

 

Das Witiker-Huus mit Baujahr 1842 ist zusammen mit den nahe gelegenen Flarzhäusern noch einer der letzten historischen Identifikationspunkte des alten Dorfkerns im Unterdorf geblieben. Es verbreitet eine Aura historischer Beständigkeit in diesem von raschem Umbruch und grosser Neubautätigkeit geprägten Quartier. Das Quartierzentrum Witiker-Huus ist seit seiner Einweihung 1983 vor allem auch für die jüngere Wohnbevölkerung mit Familie und Kindern ein zentraler Begegnungsort und liegt ideal beim kleinen Einkaufszentrum an der Ecke Witikonerstrasse-Loorenstrasse. Eine Petition mit mehr als 2100 Unterschriften forderte denn auch nachdrücklich dessen Erhaltung.

Mit dem nun zum Abbruch freigegebenen Haus verliert das Quartierleben seinen Mittelpunkt und das Witiker Unterdorf seinen prägendsten historischen Bau. Der Zürcher Heimatschutz hat das Urteil des Verwaltungsgerichts geprüft. Zum Weiterzug ans Bundesgericht ist er Heimatschutz nicht legitimiert. Deshalb bedeutet dieser Entscheid für das Witiker-Huus das definitive «Aus». Das Baurekurs- und nun das Verwaltungsgericht sind dem Stadtrat von Zürich und der Pensionskasse der Swiss Re gefolgt, die an dieser Stelle eine riesige Renditeüberbauung plant, und nicht dem Heimatschutz und dem denkmalpflegerischen Gutachten des Amts für Städtebau, das die Schutzwürdigkeit des Hauses festgestellt hatte. Allerdings hat die Denkmalpflege in diesem Fall sehr widersprüchlich agiert und letztlich ihre eigene Arbeit aus den Jahren 1979/80 in Frage gestellt.

Das Witiker Hus wurde 1979/80 unter massgeblicher Mitwirkung der Denkmalpflege zu einem Quartierzentrum umgebaut. Damals wurde die angebaute Scheune abgebrochen, an deren Stelle entstand ein Wohn- und Geschäftshaus mit Läden im Erdgeschoss. Nun haben der Stadtrat und die Gerichte die Schutzwürdigkeit verneint, und zwar gerade wegen der erst noch denkmalpflegerisch begleiteten Umbauten von 1979/80. Die heutigen nachträglichen Relativierungen des Denkmalwerts hält der Zürcher Heimatschutz für schockierend. Das wäre nicht möglich gewesen, wenn das Haus nach dem Umbau definitiv unter Schutz gestellt worden wäre. Der Zürcher Heimatschutz wird als Konsequenz dieses Urteils künftig in ähnlichen Fällen vor grösseren Umbauten inventarisierter Häuser auf einer rechtlich verbindlichen Festlegung des Schutzumfangs bestehen.

Die von der Pensionskasse der Swiss Re geplante künftige Grossüberbauung nimmt, anders als vom Stadtrat und von der Denkmalpflegekommission des Stadtrats verlangt, nicht die geringste Rücksicht auf die noch bestehenden Inventarobjekte, auch nicht auf die drei Flarzhäuser an der Witikonerstrasse 391-395 aus dem 16. Jahrhundert. Ein massiver länglicher Riegel an der Witikonerstrasse und ebenso grossvolumige Neubauten auf der Witikonerstrasse abgewandten Seite werden die Flarzhäuser wie auch die Altbauten auf der gegenüberliegenden Strassenseite förmlich erdrücken. Dem Witiker Unterdorf droht damit die Verwandlung in ein form- und namenloses Siedlungskonglomerat ohne jede Identifikation für die dort wohnende Bevölkerung. Die im Unterdorf Witikon derzeit noch vorhandenen Inventarobjekte werden nach diesem Entscheid wohl kaum noch zu retten sein.

Abklärung der Schutzwürdigkeit Witikonerstrasse 405 – ländliches Wohnhaus mit Gaststätte

Fazit des Gutachtens Amt für Städtebau, Stadt Zürich, 3. September 2018

«Mit den oben genannten Veränderungen anlässlich der Sanierung in den 1980er Jahren ist die Schutzwürdigkeit des Gebäudes, würde man diese allein an der gegenwärtig sichtbaren Bausubstanz festmachen, nicht mehr eindeutig gegeben. Immerhin sind jedoch das dörfliche Erscheinungsbild des Gebäudes, die Grundsubtanz hinter den neuen Oberflächen sowie diverse Ausstattungsteile aus der Bauzeit von 1842 erhalten geblieben. Sie gewährleisten die historische Zeugenschaft nach wie vor. Das prominente Eckgebäude an der Kreuzung Witikoner- / Loorenstrasse setzt zudem einen markanten ortsbaulichen Akzent und vermag zusammen mit anderen Gebäuden des ehemaligen Unterwitikon die Erinnerung an das frühere Bauerndorf aufrecht zu erhalten. Damit erfüllt es die Schutzkriterien nach § 203 Abs. 1 lit. c PBG.» Für das Witiker-Huus legt das Bundesinventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz von nationaler Bedeutung ISOS den Substanzerhalt fest. Als Erhaltungsziel für das ganze Gebiet gibt das ISOS Charaktererhalt (C) an. Das vorliegende Objekt Witikonerstrasse 405 trägt das Erhaltungsziel Substanzerhalt (A): «Witiker-Huus, ehe-maliges klassizistisches bäuerliches Wohnhaus, 1842, Gasthaus Post, 1890–1932; über ein anstelle der Scheune angebautes Ladenzentrum mit Flarzreihe verbunden, 1979/80». (Gutachten Seite 19) Am Mittwoch, 28. August, um 16.45 Uhr, übergaben Delegierte des Quartiervereins und des Vereins IG Pro Witiker-Huus 2155 Unterschriften Stadtrat André Odermatt. Damit wollen engagierte Witikerinnen und Witiker das Witiker-Huus vor dem Abriss retten. Die vom Quartierverein und vom Verein IG Pro Witiker-Huus lancierte Petition zum Erhalt des Witiker-Huus fand in der Witiker Bevölkerung grossartige Unterstützung. Von Anfang Mai bis anfangs Juli 2019 wurden 2155 Unterschriften im Quartier gesammelt. «Dieses eindrückliche Ergebnis zeigt, dass die Erhaltung des Witiker-Huus einem grossen Bedürfnis der Quartierbevölkerung entspricht.»

Kontakt

Martin Killias, Präsident Zürcher Heimatschutz
079 621 36 56, martin.killias(at)unisg.ch

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Das Unterdorf Witikon verliert mit dem Witiker-Huus den Kernbau seiner Ge-schichte
Medienmitteilung vom 2. Juni 2020