Die Stadt Zürich hat es zu Unrecht versäumt, die beiden von Georg Lasius 1876 errichteten Professorenhäuser «Wohnhaus auf der Hoeh» und «Wohnhaus Marienhöhe» im Englischviertelquartier ins Inventar aufzunehmen. Diese Gebäude sind von sozial- und architekturgeschichtlichem, städtebaulichem und insbesondere von hohem bautechnikgeschichtlichem Wert. Das Baurekursgericht hat die Rekurse gutgeheissen, die der Zürcher Heimatschutz ZVH unter der Führung des Stadtzürcher Heimatschutzes SZH und Nachbarn eingereicht hatten. Vor der Erteilung der Baubewilligung an die Bauherrin muss die Stadt nun abklären, ob Schutzmassnahmen zum Erhalt der von Georg Lasius erstellten Professorenhäuser «Wohnhaus auf der Hoeh» und «Wohnhaus Marienhöhe» zu erlassen sind.
Die beiden Professorenhäuser «Wohnhaus auf der Hoeh» (Freiestrasse 138) und «Wohnhaus Marienhöhe (Freiestrasse 134) im Englischviertelquartier von Zürich sollten einem Ersatzneubau mit zwei Mehrfamilienhäusern weichen. Das Baurekursgericht hat die erteilte Baubewilligung jedoch nun aufgehoben.
Das Gericht kommt zum Schluss, dass die beiden Professorenhäuser «Wohnhaus auf der Hoeh» (Freiestrasse 138) und «Wohnhaus Marienhöhe (Freiestrasse 134) offensichtlich zu Unrecht nicht im kommunalen Inventar der kunst- und kulturhistorischen Schutzobjekte aufgeführt wurden.
Anlässlich des Augenscheins erschienen der Situationswert und die architekturgeschichtliche Bedeutung der beiden Häuser noch zweifelhaft. Im Nachgang dazu reichten die rekurrierenden Nachbarn ein Gutachten der ETH ein, um die Schutzwürdigkeitsvermutung der beiden Professorenhäuser zu untermauern. Aufgrund der neuen Erkenntnisse aus dem Gutachten der ETH kam das Gericht zum Schluss, dass den beiden Professorenhäusern ein Eigenwert als konstruktionsgeschichtliche Zeugen zukommt.
Das ETH-Gutachten führt aus, dass die beiden «Professorenhäuser» Freiestrasse 138 (Georg Lasius) und Freiestrasse 134 (Adolf Krämer) einen hohen Zeugniswert besässen. Als Wohnhäuser zweier wichtiger und einflussreicher Professoren an der noch jungen Eidgenössischen Polytechnischen Schule (ETH) könnten sie schon an sich auf eine bedeutende sozialgeschichtliche Zeugenschaft für die Wohnkultur des letzten Drittels des 19. Jahrhunderts verweisen. Die Häuser «Auf der Hoeh» und «Marienhöhe» seien vom langjährigen Professor für Baukonstruktion entworfen und von ihm und seinem Kollegen Adolf Krämer, Professor an der Landwirtschaftsabteilung, bewohnt worden. An den Bauwerken könne der Lebensstil und die Repräsentation der bildungsbürgerlichen Oberschicht Zürichs im ausgehenden 19. Jahrhundert noch sehr gut nachvollzogen werden.
Die beiden Bauten – so das ETH-Gutachten – seien auch ein Zeugnis der raschen Stadtentwicklung Zürichs im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts. Sie seien zunächst als freistehende Solitäre an den Stadtrand mitten ins Grün gesetzt worden und später rasch in das sich ausbreitende Englischviertelquartier integriert worden.
Laut Gutachten der ETH sei die Baugruppe der beiden Lasius’schen Professorenhäuser zudem auch für das direkt benachbarte Böcklin-Atelier von grosser Bedeutung. Dieses Schutzobjekt komme nur vor dem Hintergrund der beiden Lasius-Wohnhäuser mit ihrem gärtnerischen Umschwung voll zur Geltung.
Das ETH-Gutachten betont, dass den beiden Wohnhäusern insbesondere ein hoher bautechnikgeschichtlicher Zeugniswert zukomme, neben den sozial-, architekturgeschichtlichen und städtebaulichen Aspekten. Das Lasius-Wohnhaus Freiestrasse 138 wurde von seinem Architekten und Bauherrn als Experimentalbau zur Übertragung der von Berlin und Hannover ausgehenden Backsteinbauweise mit wärmedämmender doppelschaliger und aus damals in Zürich noch vollkommen exotischen Hohlbacksteinen konzipiert und ausgeführt. Lasius habe sich mit seinem Experimentalbau als ganz früher Vorreiter einer nachhaltigen und energiesparenden Bauweise erwiesen, die erst im 20. Jahrhundert zur vollen Entfaltung gekommen sei.
Das Gericht betont, dass bei der Inventarisierung eines Objekts keine allzu strengen Anforderungen gestellt werden dürfen. Aufgrund des nachträglich von den rekurrierenden Nachbarn eingereichten ETH-Gutachtens ist eine Zeugenschaft zu vermuten. Vor Erteilung einer neuen Baubewilligung hat die Bauherrin nun einen formellen Schutzentscheid der beiden Professorenhäuser vom Stadtrat von Zürich zu verlangen. Dieser wird auf Basis eines amtlichen Gutachtens erfolgen.
(Entscheid vom 20. Juni 2025, BRGE I Nrn. 0118/2025 und 0119/2025, noch nicht rechtskräftig)
Evelyne Noth, Präsidentin Stadtzürcher Heimatschutz (SZH), Vorstandsmitglied Zürcher Heimatschutz (ZVH)
T 043 233 00 22, kontakt(at)heimatschutzstadtzh.ch